Paralepistopsis amoenolens (Clitocybe amoenolens)
Nachdem sich die Nachricht über das Vorkommen des Parfümierter Trichterlinges (Paralepistopsis amoenolens) seit Jahren gerüchteweise verbreitete, herrscht seit ein paar wenigen Jahren nun Einigkeit darüber, dass der Pilz auch in der Schweiz angekommen ist (1). Das hat zur Folge, dass nicht nur Vergiftungsliteratur neu geschrieben werden muss, sondern auch, dass gewisse Speisepilze nicht mehr freigegeben werden können. Zu gross ist das Risiko einer Verwechslung, zumal wir mit dieser Pilzart noch zu wenig vertraut sind.
Beschreibung des Pilzes
Das allgemeine Aussehen des Parfümierter Trichterlings erinnert an den Wasserfleckigen Rötelritterling (Lepista gilva (Pers.) Pat.). Seit dem Fund in Chamoson VS (2008) ist bekannt, dass dieser Giftpilz auch in der Schweiz vorkommt. Der Fund wurde in der SZP 3/2011 publiziert.
Fruchtkörper von Paralepistopsis amoenolens (Foto: © Françis Meigniez)
Hut zuerst konvex mit eingerolltem Rand, im Alter trichterförmig, oftmals wellig, 3, 5-6 cm. Farbe von ockerfarbenen Tönen (ähnlich Lepista gilva) über fleischfarbene und fuchsrote Töne bis zu rötlich-braunen Tönen. Dunkler im Zentrum und mit rötlich-braunen Wasserflecken.
Lamellen cremefarbene bis rötlich-braune, etwas heller als die Hutfarbe, eng stehend und am Stiel herablaufend.
Stiel in Hutfarbe, gleichfarbiges, faseriges Fleisch. Im Alter hohl und an der Stielbasis oft weissfilzig.
Sporen Weiss bis ganz leicht cremefarbig, rauhwandig.
Fleisch dicht und fest im Hut, faserig im Stiel, weisslich-gelblich im Fuss.
Geschmack süsslich, nach Champignon de Paris.
Geruch stark, aromatisch, an den des Duftenden Risspilz (Inocybe bongardii) erinnernd, gemischt mit Orangenblüten, zu Beginn angenehm, später penetrant werdend.
Toxikologie
Acromelalga-Syndrom
Das Acromelalga-Syndrom ist aus Japan bekannt, der dort vorkommende Japanische Bambustrichterling (Paralepistopsis acromelalga) gibt ihm den Namen. Das Toxin konnte isoliert und chemisch beschrieben werden: die Acromelsäure. Diese konnte bisher nur in den beiden Arten Japanischer Bambustrichterling (Paralepistopsis acromelalga) und Parfümierter Trichterling (Paralepistopsis amoenolens) nachgewiesen werden. Die Acromelsäure ist eines der wenigen Mykotoxine, das gut untersucht ist. Selbst im Tierversuch hat es die gleichen Symptome hervorgerufen wie beim Menschen. (2, 3)
Typisch für die Vergiftung ist eine sehr lange Latenzzeit von 1 bis 2 Tagen, selten bis 7 Tage bis zum Auftreten von Symptomen. Das kann dazu führen, dass mehrere Pilzmahlzeiten gegessen werden, bevor man sich gewahr wird, dass man sich eine Pilzvergiftung zugezogen hat! Verwechselt werden die Pilze z.B. mit den Röteltrichterlingen Lepista inversa oder Lepista gilva.
Die Symptome äussern sich in an- und abflauenden Episoden von Empfindungsstörungen der Hände und Füsse. Neben Kribbeln und Brennen kommt es schubweise zu heftigen Schmerzen, die oft nicht auf Schmerzmittel ansprechen. Auffallend ist zudem eine Rötung und Schwellung der Extremitäten. Am Anfang sind die Episoden so heftig, dass an Schlaf nicht zu denken ist. Es sind denn auch Todesfälle beschrieben aus dem asiatischen Raum als Folge der Erschöpfung ohne genauer auf die Todesumstände einzugehen. Die Symptomatik kann über Wochen bis Monate andauern, wobei mit der Zeit die Episoden weniger heftig und weniger häufig werden.
Die Therapiemöglichkeiten sind begrenzt, es wurden alle denkbaren Mittel zur Schmerzbekämpfung versucht, meist mit bescheidenem Erfolg. Einzig die Kälteapplikation soll Linderung gebracht haben.
Auch wenn es sich hier nicht um ein potenziell tödliches Pilzvergiftungssyndrom handelt, ist der Verlauf doch sehr invalidisierend und mit viel Leid verbunden. Darum ist die Streichung sehr ähnlich aussehender Arten wie den Fuchsigen Röteltrichterling (Lepista inversa/flaccida) und den Wasserfleckigen Rötelritterling (Lepista gilva) von der Speisepilzliste der Vapko mehr als gerechtfertigt!
Massnahmen der Schweizerischen Vereinigung amtlicher Pilzkontrollorgane (Vapko)
In der Schweiz wird das Sammelgut von Privaten durch die Vapko-Pilzkontrolleurinnen und Pilzkontrolleure kontrolliert. Im Jahr 2001, als die Art in der Schweiz noch nicht nachgewiesen worden war, hat die Vapko allen Pilzkontrolleuren Informationen verschickt und vor Verwechslungsgefahr mit Lepista gilva und Lepista inversa gewarnt (Boujon 2001, Brunelli 2003). Seither bestätigten diverse Fundmeldungen, dass mit einer Ausbreitung dieser Pilzart zu rechnen ist.
Auf Grund der Giftigkeit des ParfümierterTrichterlings (Paralepistopsis amoenolens) und der bestehende Verwechslungsgefahr hat der VAPKO Zentralrat am 17.11.2012 entschieden, den Wasserfleckigen Röteltrichterling (Lepista gilva) und den Fuchsigen Röteltrichterling (Lepista inversa) aus der Liste der Speisepilze zu streichen.
Im Zusammenarbeit mit der Verbandtoxikologin des Verbands Schweizerischer Vereine für Pilzkunde (VSVP) und dem Schweizerischen Toxikologischen Informationszentrum (TOX) wird sich die Vapko weiterhin dafür einsetzen, dass die neusten Kenntnissen bzw. Entwicklungen in der Pilzwelt zur Sicherheit des Konsumenten umgesetzt werden.
Katharina Schenk & Jean-Claude Michel
Referenzen:
(1) C. Boujon, V. Ruiz-Badanelli SZP 03/2011
(2) Fukuwatari T et al. Establishment of animal model for elucidating the mechanism of intoxication by the poisonous mushroom Clitocybe acromelalga.Shokuhun Eiseigaku Zasshi 2001;43(3):185-9. (Publikation in Japanisch)
(3) Taguchi T et al. Excitatory actions of mushroom poison (acromelic acid) on unmyelinated muscular afferents in the rat. Neurosci Lett 2009;456(2):69-73.